Störgespräch mit Hans-Jörn Arp, MdL

03.04.2020
Interview

Wie Entbürkratisierung nach Corona helfen kann - Hans-Jörn Arp im Gespräch

Der Steinburger Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp nimmt im Interview (03.04.2020) mit Marko Förster Stellung zum Corona-Virus, ermutigt Verwaltung und Wirtschaft zum Dranbleiben und Weitermachen in der Krise und hofft auf ein fröhliches Wacken Openair im Sommer.

Marko Förster (Red.): Vielen Dank, dass du es einrichten konntest, mir für ein kurzes Gespräch zur Verfügung zu stehen. Für uns alle hat sich in den letzten Wochen viel verändert. Als Steinburger Landtagsabgeordneter und parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion muss diese Veränderung dich ja voll getroffen haben.

Hans-Jörn Arp (HJA): Natürlich beeinflusst das viele von uns. Ich persönlich bin jetzt in der Regel von etwa 7:30 Uhr bis etwa 21:30 Uhr fast durchgehend am Telefon. Ich erfahre dadurch viele Schicksale, die mich auch persönlich bewegen. Vielen, aber bei weiten nicht allen, kann ich helfen, das bewegt.

Red.: Kannst du abschätzen, wie lange die Maßnahmen noch anhalten werden, oder kannst du ein Idealbild des Verlaufes zeichnen?

HJA: Jetzt warten wir erstmal die Beschränkungen bis 19. April ab und schauen wie es dann weitergeht. Wir blicken aber auch hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Ansteckungskurve, die anfangs mit über 30% anstieg, ist jetzt auf eine Rate im einstelligen Bereich gesunken. Daran erkennt man, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen. Wir müssen jetzt unser Augenmerk aber schon auf die Zeit danach legen. Alles was Baurecht, Planung, Genehmigung und ähnliches angeht, darf jetzt nicht stillstehen. Wir müssen alles dafür tun, dass diese Abläufe weitergehen, damit wir nach der Krise reibungslos die Wirtschaft stimulieren.

Red.: Die Wirtschaft ankurbeln will auch Ursula von der Leyen, die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union. Sollten wir Eurobonds, also der Vergemeinschaftung von Staatsschulden zustimmen? Siehst du darin, ähnlich wie die Kommissionspräsidentin, eine Chance?

HJA: Fest steht, dass wir zu allererst die Krise meistern müssen und natürlich steht dann die Frage im Raum, wie der daraus entstandene Schaden bezahlt werden soll. Und je schneller die Wirtschaft wieder läuft und wir beispielsweise wieder im großen Stil bauen können, umso weniger stellt sich die Frage nach Eurobonds. Eine Vergemeinschaftung von Schulden sollte nicht unser Ziel sein. Man kann andere Länder verstehen, die die Last nicht allein tragen können und so müssen die Stärkeren mehr in die Verantwortung genommen werden, um die Last zu verteilen. Das ist guter europäischer Geist. Eurobonds lehne ich aber generell ab.

Red.: Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer fordert ein Konjunkturpaket seitens des Bundes für die Zeit nach der Krise. Dies könnte seinen Aussagen zu Folge dazu führen, dass wir schnell an alter Stärke gewinnen und folgerichtig auch europäisch unterstützen können. Ist dies ein sinnvoller Vorschlag?

HJA: Ja, generell ist das ja nicht schlecht. Aber wie ich schon betonte, steht aktuell in vielen Bereichen die Verwaltung und Planung still. Wenn wir in diesen Bereichen weiterhin ganz normal arbeiten, also was die Projekte angeht, mir ist schon klar, dass man auch dort Kollegen schützen muss, könnten wir aber umso schneller wieder durchstarten. Dort sollten wir weniger bürokratisch agieren, dann bräuchten wir auch kein Konjunkturprogramm, denn wir haben genügend Nachholbedarfe. Jetzt wäre die richtige Zeit, um bürokratische Hemmnisse, wenn auch vielleicht nur für eine absehbare Zeit, abzuschaffen, um möglichst schnell nach der Krise wieder zu bauen. Dann bräuchten wir auch keine Konjunkturprogramme.

Red.: Du kommst aus Wacken und bist ein sportbegeisterter Mensch. Machst du dir Sorgen um große Events wie das Wacken Open Air oder unsere Vereine? Was können wir tun?

HJA: Gestern haben wir ein Programm zur Unterstützung der Sportvereine verabschiedet, weil uns das Ehrenamt, welches das gesellschaftliche Zusammenleben in Schleswig-Holstein auszeichnet, enorm wichtig ist. Hier können wir natürlich nicht eins zu eins einspringen, aber wenn Vereine Einnahmeausfälle haben, werden wir versuchen abfedernd einzuwirken.
Beim Wacken Open Air sehe ich es entspannt. Wir haben noch gut vier Monate Zeit. Bis dahin ist es hoffentlich mit der Coronakrise soweit, dass wir gemeinsam in Wacken fröhlich feiern können, auch um der Welt zu zeigen: Es ist alles wieder in Ordnung. Es muss ja auch unsere Aufgabe sein, den Menschen Mut zu machen. Es darf nicht sein, dass wir im Laufe der zweiten Jahreshälfte auf alle Events und Großveranstaltungen verzichten. Die Maßnahmen, wie Ausgangssperren, sollen dazu führen, dass wir möglichst schnell wieder ins normale Leben zurückkehren können.

Red.: Wie nimmst Du die Zusammenarbeit in Kiel wahr? Ob in der Fraktion, mit anderen Fraktionen oder auch mit der Regierung? Ist sie schwieriger oder gar konstruktiver als im „normalen Leben“?

HJA: Sehr intensiv. Wir reden im Moment auf allen Ebenen noch viel mehr mit einander als vorher, aber das ist klar, wir haben aktuell ja auch viel mehr zu entscheiden. Die Strukturprogramme von Bund und Land müssen koordiniert werden und da arbeiten wir alle verlässlich gut zusammen.

Red.: Ein wichtiger Aspekt bei den Programmen von Bund und Land ist die Landwirtschaft. Es ist sehr gut, dass nun doch unter strengen Auflagen 80.000 Erntehelfer nach Deutschland einreisen dürfen. Bauernverbandspräsident Schwarz fordert darüber hinaus aber auch den Einsatz von Geflüchteten in der Landwirtschaft, dort müsse man Regelungen lockern. Ein sinnvoller Vorschlag?

HJA: Das wäre richtig gut für unsere Landwirtschaft und die Geflüchteten selbst. Wir müssen ja leider feststellen, dass die Landwirtschaft bereits arg gebeutelt ist und jetzt müssen wir auf jede Kraft, die uns zur Verfügung steht, bauen. Bis gestern stand die Entscheidung über die osteuropäischen Erntehelfer noch aus. Es wäre ja besser, jede Kapazität zu nutzen, bevor doch der Spargel im Boden bleibt oder die Erdbeeren am Grün verfaulen. Ich unterstütze hier ausdrücklich den Innenminister Grote, der diesen Vorschlag mitträgt. Wenn es richtig koordiniert wird, könnten sich die Geflüchteten etwas dazuverdienen und das Wichtigste für sie: Sie würden verstärkt mit der deutschen Sprache in Kontakt treten, was ein wesentlicher Integrationsfaktor ist.

Red.: Zum Schluss noch eine Frage, die nichts mit Corona zu tun hat und erfreulich ist. Sandra Gerken ist die neue Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein beim Bund. Ein kurzes Statement dazu?

HJA: Sandra Gerken kenne ich persönlich gut. Sie hat in der Vergangenheit die Bundestagsgruppe der CDU Schleswig-Holstein koordiniert und war so Verbindungsfrau zwischen dieser und der Landtagsfraktion. Sie war auch Büroleiterin beim Ministerpräsidenten und kennt daher die Abläufe und ist bestens vernetzt. Aufgrund dieser Erfahrungen ist sie nun die Nachfolgerin von Ingbert Lieblings im Rang einer Staatssekretärin. Wir sind mit ihr sehr gut aufgestellt.

Red.: Hans-Jörn, vielen Dank für Deine Zeit und die Antworten. Gibt es noch etwas, was Du den Leserinnen und Lesern mitgeben möchtest?

HJA: Die Situation, wie sie im Moment ist, wird nicht mehr ewig anhalten. Bereiten Sie sich auch auf die Zeit danach vor, damit es schnell wieder mit der Wirtschaft, in den Vereinen und Institutionen, mit Schleswig-Holstein vorangehen kann. Vielen Dank, dass Sie gemeinsam in dieser schweren Zeit zusammenstehen und sich an die Regeln halten. Bleiben Sie alle gesund.